"Aber der Landmann muß in Geduld warten" - Kapitel 11, aus den Tagebuch von G. Fox
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Vorwort
Hier ein Auszug aus dem Tagebuch von George Fox. Die Tagebücher werden schon seit Jahren nicht mehr aufgelegt und das, obwohl ich sicher bin, dass sich Leser finden würden dafür. Der Text stammt aus dem Jahr 1657 und lässt eine Christologie durchscheinen, die so heute in der Deutschen Jahresversammlung nicht mehr (ausnahmslos) vertreten ist.
Wir leben heute in einer anderen Zeit, mit anderen Herausforderungen. Die Frage ist aber: Haben wir noch dieselben Wurzeln und Grundüberzeugungen. Wenn nein: Warum nennt man sich dann noch “Freund” oder “Quäker”? Was ist mit der “Wahrheit” die G. Fox immer wieder so betont? Ist heute wirklich alles “relativ” oder gibt es doch “Die eine Wahrheit” und die Worte - die sie beschreibt - sind nur “relative” und verschieden. In Text unten wird “Die Wahrheit” (anderen) “verkündet”, “in ihr gelebt” und “in ihr gestorben”. Wohlbemerkt: “Die Wahrheit” wurde nicht “bessen” sondern “angenommen”. Im Verständnis des Autors ist “Die Wahrheit” nichts, was man besitzt oder nicht besitzt. Und Menschen unterscheiden sich nicht durch ihren Besitz oder ihren Nichtbesitz der “Wahrheit”. “Wahrheit” ist im dem Text gleichbedeutend mit Gott, den man auch nicht besitzen kann. In der Vorstellung der Antiken Welt kämpften Götter an der Seite oder gegen Menschen, die gegen andere Menschen kämpften. In dieser Vorstellung war es für den Sieg entscheidend, sich mit den richtigen - den mächtigeren - Göttern zu verbünden. Diese Vorstellung ist in der hebräischen Bibel (dem Alten Testament) sehr gegenwärtig. In den Evangelien hat sich das Verständnis und die Beziehung zu Gott (…oder den Göttern, Schlagwort “Dreifaltigkeit”) geändert. G. Fox predigt hier den Gott der Evangelien. Ein Gott, mit dem nicht zusammen Siege über andere errungen werden (sollen), sondern ein Gott, dem zu dienen ist, um zu Erlösung, zur “Wahrheit” zu gelangen.
Kapitel 11, aus den Tagebuch von G. Fox
Ich hatte schon längere Zeit in meinem Inneren einen Zug verspürt, nach Schottland zu gehen, und hatte Oberst William Osbrurn in Schottland bitten lassen, mir entgegen zu kommen; und so kamen er und andere von Schottland her zur Versammlung nach Pardsen Crag. Als dieselbe zu Ende war, die, wie er sagte, die allerherrlichste gewesen sei, die er je erlebt habe, ging ich mit ihm und seinen Begleitern nach Schottland…
An einem ersten Tage (Sonntag) hatten wir in Heads eine große Versammlung, der viele “Fromme” beiwohnten. Die Priester hatten den Leuten Angst gemacht gehabt mit der Lehre von der Erwählung und der Verwerfung; sie hatten ihnen gesagt, Gott habe die Meisten für die Hölle bestimmt; sie können nun beten, predigen und singen, so viel sie wollten, es sei alles umsonst, wenn sie für die Hölle bestimmt seien; Gott habe eine gewisse Anzahl für den Himmel auserlesen; die könnten tun, was sie wollten, wie David der Ehebrecher und Paulus der Verfolger, sie seien dennoch für den Himmel bestimmte Gefäße. Es hänge also nicht vom Tun der Menschen, sondern von der Bestimmung Gottes ab. Es trieb mich, diesen Leuten die Verkehrtheit in der Lehre ihrer Priester aufzudecken, und ich zeigte ihnen, wie sie die Schriftstellen aus dem Judasbrief und andere, auf die sie sich beriefen, verdreht hatten. Ihre Behauptung, dass gar nichts von dem Tun des Menschen abhänge, widerlegte ich ihnen aus dem Judasbrief, wo die Schuld deutlich zu sehen ist bei Kein, Norah und Bileam, von denen es heißt, sie seien von Anbeginn zur Verdammung bestimmt gewesen. Denn hatte nicht Gott Kain und Bileam gewarnt und an Kain die Frage gerichtet: “Wenn du recht tust, bist du dann nicht angenehm vor Gott?” Und hat der HERR Norah und seine Rotte nicht aus Ägypten geführt und sie haben sich ihm und seinem Gesetz und Moses trotzdem wiedersetzt! “Man sieht deutlich,” sagte ich, “das Kain und Norah und Bileam schuldig waren, so wie es alle sind, die ihre Wege gehen. Oder haben die etwa keine Schuld, die sich Christen nennen und doch dem Evangelium zuwider handeln, wie Norah wider dem Gesetz, und die vom Geist abirren wie Bileam und Übles tun wie Kain? An ihnen liegt die Schuld, und nicht an der Verwerfung und nicht an Gott. Sagt nicht Christus: “Gehet hin und predigt das Evangelium aller Welt.” Er würde sie nicht in alle Welt geschickt haben, um die Lehre vom Heil zu predigen, wenn die meisten Menschen für die Hölle bestimmt wären. Und war nicht Christus ein Sühneopfer für der ganzen Welt Sünden? Für die Verworfenen wie für die Auserwählten? Er starb für alle Menschen, für die Guten wie für die Bösen, wie der Apostel bezeugt, 2.Korinther 5:15 und Römer 5:6. – Christus gebietet, dass alle an das Licht glauben; die, welche aber das Licht hassen, an das Christus zu glauben befielt, die sind Verworfene. Und wieder heißt es: “In einem Jeglichem zeigen sich die Gaben des Geistes zu gemeinem Nutzen”! Die aber den Geist beleidigen, unterdrücken und betrüben, die sind Verworfene und schuldig, sowie die, welche das Licht hassen. Der Apostel sagt, Titus 2:11+12: “Die heilsame Gnade Gottes ist allen Menschen erschienen und lehret uns abzusagen aller Fleischeslust und hoffärtigem Wesen und züchtig, gerecht und gottselig zu wandeln auf dieser Erde.” Und darum sind alle, Männer wie Frauen, Schuldige, wenn sie gottlos leben und das, was sie selig machen würde, verachten. Aber scheint es sehen die Priester die Schuld nicht bei denen, die nicht an Gott und nicht an Christus, der sie erlöst hat, glauben und an sein Licht und seine Gnade, die sie selig machen könnte. Alle aber, die Christi Befehl gehorchen und an sein Licht glauben, sind Auserwählte und stehen in der Zucht der göttlichen Gnade, welche selig macht. Die aber, die Gottes Gnade in Mutwillen kehren und sein Licht hassen, sind verworfen; darum ermahne ich alle, an das Licht zu glauben wie Christus gebietet, und die Gnade, die sie umsonst lehrt, anzunehmen; dann werden sie gewisslich selig, denn sie genüget. Viele andere Schriftstellen über die Verwerfung wurden auch noch ausgelegt, und die Augen der Leute wurden geöffnet, so daß eine Quelle des Lebens unter ihnen hervor sprudelte.
Solches kam den Priestern bald zu Ohren; denn den Leuten, welche durch ihre schrecklichen Lehren irre geführt worden waren, gingen allmählich die Augen auf, und kamen in den Bund des Lichts. Die Kunde, dass ich nach Schottland gekommen sei, verbreitete sich unter den Priestern. Und sie erhoben ein großes Geschrei, dass jetzt alles aus sei; denn ich hätte schon in England alle rechten Männer und Frauen abspenstig gemacht, und ihnen bleibe dann, wie sie selber zugaben, der schlechtere Teil. Sie veranstalteten darum große Zusammenkünfte von Priestern und stellten eine ganze Reihe von Verdammungen zusammen, welche in den Turmhäusern (Anmerkung: “Kirchen” sind gemeint) verlesen werden sollten, und die Leute sollten “Amen” dazu sagen. Einige davon will ich hier mitteilen. Zuerst hieß es: “Verflucht ist, wer sagt, ein jeder habe ein Licht in sich, welches genüge, um ihn selig zu machen. Dazu sage ein jeder: “Amen.”…. Nun sagte aber Christus: “Glaubet an das Licht, damit ihr Kinder des Lichtes werdet” (Joh. 12:36) und weiter: “Wer da glaubt, der soll selig werden” (Mark. 16); und “wer da glaubt kommt von Tode ins Leben” … Und der Apostel sagt: “Ihr tut wohl, auf das Licht zu achten, das da scheinet an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen” (2.Petr. 1:19)… Was den zweiten Punkt anbelangt, wo es heißt: “Verflucht, wer sagt, der Glaube sei ohne Sünde,”… so ist er ja eine Gabe Gottes und jede Gabe Gottes ist rein… Der Glaube, dessen Ursprung Christus ist, ist köstlich, göttlich und ohne Sünde. Dies ist der Glaube, der die Herrschaft über die Sünde gibt und den Zugang zu Gott… Aber sie sind alle von diesem Glauben abgefallen…
Es waren in Schottland zwei Kirchen der Independenten; in der einen fanden viele Bekehrung statt; aber der Prediger der anderen waren sehr erbost über die Wahrheit und die Freunde. Sie hatten Älteste, die sich oft bestrebten, ihre Gaben an ihren Gemeindegliedern zu brauchen und sich oft empfänglich zeigten; aber da ihr Prediger so viel gegen uns und das Licht redete, verdunkelte sich ihr Blick, dass sie ganz blind wurden und ganz dürr und ihre Empfänglichkeit verloren. Er fuhr fort, gegen die Freunde und gegen das Licht aus Christus zu predigen und nannte dasselbe ein natürliches Licht. Eines Tages beschimpfte er in seiner Predigt das Licht und da fiel er hin wie tot in seinem Pult. Man trug ihn hinaus und legte ihn auf einen Grabstein und flößte ihm ein starkes Getränk ein, das ihn wieder zum Leben brachte; und sie trugen ihn heim, aber er war schwachsinnig geworden. Er riss sich die Kleider vom Leib, hüllte sich in ein schottisches Kleid und ging aufs Land zu den Milchmädchen. Nachdem er etwa zwei Wochen dort gewesen, kehrte er zurück und stieg wieder auf die Kanzel. Nun erwarteten die Leute große Eröffnungen von ihm; stattdessen erzählte er, wie ihm eines der Mädchen abgerahmte Milch, ein anderes Buttermilch und wieder ein anderes gewöhnliche Milch gegeben habe; man musste ihn wieder von der Kanzel herunter holen und heim führen. Der, welcher mir dies alles berichtete, ist Andrew Robinson, einer seiner eifrigsten Zuhörer, der aber später sich bekehrte und die Wahrheit annahm. Er sagte mir, dass er nie etwas davon gehört habe, daß jener Prediger seinen Verstand wieder bekommen habe. Daran möge ein jeder sehen, wie es dem gehe, der das Licht beschimpft, das Licht, welches das Leben in Christus, dem Wort, ist; und es möge allen zur Warnung dienen, welche Übles reden gegen das Licht Christi…
Viele der schottischen Priester waren sehr in Aufregung über die Verbreitung der Wahrheit, weil sie dadurch ihre Zuhörer verloren; und viele von ihnen gingen darum nach Edinburgh, um beim Rate Oliver Cromwells eine Klage gegen mich vor zu bringen. Infolge dieser eingereichten Klage kam, als ich einmal aus einer Versammlung zurückkam, ein Beamter und brachte mir folgenden Befehl:
“Donnerstag, 8.Oktober 1657, der Rat Seiner Hoheit in Schottland. Es wird befohlen, das George Fox nächsten Dienstag, 13.Oktober, vormittags, vor dem Rat erscheine. E. Downing, Ratsbeamter."
Als er mir den Befehl übergab, fragte er mich, ob ich kommen wolle oder nicht. Ich antwortete ihm nicht darauf, sondern fragte, ob der Befehl auch nicht gefälscht sei? Er erwiderte nein, es sei ein richtiger Befehl vom Rat, und er sei als Bote damit gesandt. Ich erschien also zur vorgeschriebenen Zeit und wurde in einen großen Saal geführt, wo viele angesehene Leute versammelt waren, die mich alle aufmerksam betrachteten; schließlich wurde ich ins Ratszimmer geführt und unter der Türe nahm man mir den Hut ab; ich fragte, warum das geschähe? Wer denn drinnen sei, daß ich den Hut abnehmen müsse? Ich habe ihn ja sogar vor dem Protektor nicht abgenommen. Aber der Hut wurde aufgehängt und ich wurde hineingeführt. Als ich schon eine ganze Weile drinnen war, ohne daß jemand etwas zu mir sagte, trieb mich der HERR zu sagen: “Friede sei mit euch! Wartet in der Furcht Gottes auf den Empfang seiner Weisheit von oben, durch die alle Dinge geschaffen sind, daß sie euch in Allem, was euch zu tun übergeben ist, leite, damit ihr es tut zur Ehre Gottes”. Sie fragten mich, weshalb ich nach Schottland gekommen sei? Ich sagte: um den Samen Gottes aufzusuchen, der solange in den Banden des Bösen gelegen habe, damit alle, welche sich in diesem Land zur Schrift, dem Worten Christi, der Apostel und der Propheten bekennen, zum Licht und Geist und zur Kraft kommen, in denen jene, die solche Worte geäußert, gewesen sind; und daß sie in diesem Geist die Schrift verstehen und Christus und Gott erkennen und ihm und unter einander in der rechten Gemeinschaft stehen möchten. Sie fragten mich, ob ich irgend etwas Geschäftliches hier zu besorgen habe? Ich verneinte; darauf fragten sie weiter: wie lange ich im Lande bleiben wolle? Ich antwortete, dies könne ich nicht sagen, wahrscheinlich nicht sehr lange; doch da meine Freiheit dem HERRN gehöre, so müsse ich den Willen dessen, der mich gesandt habe, tun. Darauf hieß man mich hinausgehen. Bald darauf ließ man mich wieder herein kommen und erklärte mir, ich müsse Schottland verlassen, von jetzt an in 7 Tagen. Ich fragte: Warum? Was ich getan habe? Sie sagten, sie wollen nicht mit mir verhandeln. Darauf bat ich sie, zu hören, was ich ihnen zu sagen habe; aber sie wollten nicht. Ich erinnerte sie daran, daß Pharao, der doch ein Heide gewesen sei, Moses und Aaron angehört habe, und Herodes hörte Johannes dem Täufer; sie sollten doch nicht schlechter sein als jene! Aber sie schrien: “Hinaus! Hinaus!”, worauf ich wieder hinausgeführt wurde. Ich kehrte in meine Wohnung zurück und fuhr fort, in Edinburgh die Freunde zu besuchen und aufzurichten im HERRN. Ich schrieb darauf an den Rat, um ihm sein unchristliches Benehmen gegen mich vorzuhalten…
Nach einiger Zeit ging ich wieder nach Deads, wo die Freunde in großer Not gewesen waren; denn die Presbyterianer-Priester hatten sie in den Bann getan und befohlen, es solle niemand von ihnen kaufen oder ihnen etwas verkaufen oder mit ihnen essen und trinken. So konnten sie weder ihre Ware verkaufen noch sich das ihnen Nötige anschaffen, was viele in große Bedrängnis brachte. Denn wenn einer von ihren Nachbarn ihnen Brot oder andere Lebensmittel verkaufte hätte, so hätte ihn der Priester derart bedroht, daß er schleunigst gekommen wäre, die Sache wieder zu holen. Aber Oberst Athfield, welcher der Friedensrichter jener Gegend war, machte diesem Vorgehen der Priester ein Ende. Später wurde er selber gewonnen und hielt Versammlungen in seinem Hause, verkündete selber die Wahrheit und lebte und starb in derselben…
Die Wahrheit und die Kraft des HERRN breitete sich aus in Schottland, und durch die Kraft und den Geist Gottes wurden viele zum HERRN Jesus Christus bekehrt, ihrem Heiland und Lehrer, der sein Blut für sie vergossen hat; und es ist seither ein großes Wachstum und wird es immer mehr sein in Schottland. Denn als zuerst die Hufe meines Pferdes schottischen Boden berührten, da fühlte ich, wie überall Funken des Samens von Gott um mich herum aufsprühten, wie unzählige Feuerfunken. Nicht als ob nicht noch viel hartes, schlechtes Erdreich von Falschheit und Heuchelei dort gewesen wäre und ein knorriger Boden, der zuerst noch durch Gottes Wort fruchtbar gemacht werden muss und gepflügt mit dem Pflug des Geistes, ehe der Samen Gottes geistliche, himmlische Früchte hervorbringen kann zu Gottes Ehre. Aber der Landmann muß in Geduld warten (Jakobus 5:7)