Rezension zu „Deutsche Quäkerbibliographie“
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Ich habe mir das hier angekündigte Buch „Deutsche Quäkerbibliographie“ gekauft. Meine Rezension teilt sich in zwei Teile: Einen Inhaltlichen und einen Technischen.
Zum Technischen
Technisch sehe ich großes Verbesserungspotenzial. Das Buch wurde mit Microsoft Office erstellt, und das sieht man ihm auch an! Mit Open- bzw. LibreOffice sähe das Ergebnis wahrscheinlich noch schlimmer aus. Claus hat sich - löblicherweise - an einem Index versucht. Meiner Einschätzung nach, wäre der bessre Ansatz gewesen, sich eine bibliographische Datenbank im BibTeX-Format anzulegen. Hierfür gibt es ausgereifte grafische Tools. Diese können sich z.T. Live mit Datenbanken im Internet verbinden und dort Daten zum Werk abrufen. Das spart mühseliges Abtippen und vermeidet Fehler. Diese Datenbank kann dann bequem mit LaTeX weiterverarbeitet werden. Und vor allem wiederverwendetet werden. Claus könnte die Datenbank für seine anderen Projekte weiterbenutzen. Resultat wäre dann, dass automatisch jeder Titel eine eindeutige ID bzw. Kürzel hätte. Wenn ich in der jetzigen Form seines Buches z.B. im Index nach dem Schlagwort “Alkohol” suche, bekomme ich lediglich eine Seitenzahl 49. Auf dieser Seite sind 22 Titel verzeichnet. Also muss ich jetzt noch mühsam die Seite durchsuchen, wo das Wort “Alkohol” vorkommt. Würde ich im Index Schlagworte zu Themen, die namentlich im Titel nicht vorkommen aufnehmen wollen, würde das System gar nicht mehr funktionieren.
Zu der Herausforderung “Querverweise” ist Claus noch gar nicht vorgedrungen. Er berichtete mir von seinen großen Problemen, die er schon mit dem Index hatte. Ich fürchte mit dem Thema “Querverweise” wird er dann technisch völlig scheitern.
Die Schwäche der jetzigen Lösung wird schon daran deutlich, dass er in seinem ca. 30 seitigen Vorwort 215 Fußnoten benutzt, in denen sich zum überwiegenden Teil Literaturverweise finden. Hätte Claus BibTeX verwendet, hätte er gleich in seinem Vorwort, auf seine Arbeit zurückgreifen können und nur noch die Kürzel seiner Literaturverweise angegeben. Aber so, musste er den kompletten Titel, Autor, Erscheinungsjahr usw. angeben, obwohl sich das Werk schon in seiner “Quäkerbiblographie” befindet. Dadurch dass sich Claus so überaus bedauerlich gegen Technische Lösungen sperrt, macht er es leider auch seinem Lesern und Nutzern unnötig schwer, und mindert den Wehrt seiner einmaligen Arbeit!! Ich kann nur hoffen, dass hier ein Umdenken eintritt. Das Buch hätte das Potential das “Köchelverzeichnis” der deutschen Quaker-Literatur zu werden. Wenn ich künftig in meinen Texten auf Literatur verweisen wollte, würde ich nur noch schreiben müssen: “Bernet Biblographischesverzeichnis BC2004-109” statt wie jetzt: “Claus Bernet, “Das ‘Rest Home’ für Verfolgte des Dritten Reiches. Eine Einrichtung englischer und deutscher Quäker von 1933 bis 1939”, in: Exil. Forschung - Erkenntnis - Ergebnisse, XXIV, 2, 2004, S. 75-81."
Ich wiederhole hier noch mal mein Angebot, ihm gerne dabei zu helfen, die technischen Klippen zu meistern und das Buch bei der dritten Auflage komplett zu überarbeiten.
Zum Inhaltlichen
Ich glaube, die meisten die das Buch zum ersten mal in der Hand haben und einmal kurz durchblättern, bekommen ein Schock, so wie ich. Die Schrift ist zu weiten Teilen unglaublich klein. Die Größe der Schrift in den Fußnoten des Vorworts, ist ohne Lupe kaum lesbar. Geschuldet ist das - angeblich - dem Preisdruck. Man wollte die Seitenzahl möglichst gering halten. Das Buch hat ca. 150 Seiten und kostet 20 Euro.
Das Vorwort und der “Literaturbericht” hat zusammen über 30 Seiten und ist sehr kurzweilig geschrieben. Bisweilen liest es sich so, dass hier Literatur- und Quaker-Forschung teilweise zum Krimi werden. Vieles ist mir persönlich zwar schon bekannt gewesen, darf aber trotzdem nicht als “allgemein bekannt” gelten, da ich mich seit Jahren sehr intensiv mit Quakertum beschäftige. Einige GYM-Quaker wird es wenig freuen, dass sie genannt werden, und schon gar nicht, wenn damit dokumentiert wird, dass sie mit ihrem Verhalten wichtige Buchprojekte gefährdet haben. So wird z.B. Maurice de Coulon erwähnt, der fast erfolgreich einen Forschungsbeitrag zu den Quäker in dem Buch “Freikirchen und Juden im ‘Dritten Reich’" verhindert hätte.
Eingegangen wird auch auf die s.g. “Neuen Medien”, also das Internet. Lobend erwähnt wird das Wikibooks-Projekt. Nicht erwähnt werden allerdings die Artikel auf Wikipedia. Für mich nicht ganz verständlich, da im Gegensatz zum Wikibooks-Projekt die Artikel in Wikipedia kontinuierlich weiter gepflegt und entwickelt werden. Das Wikibooks-Projekt ist schon seit geraumer Zeit de facto tot. Und andere lexikalische Werke werden ja auch genannt. Beide Projekte tauchen auch nicht im Index auf. Aber vielleicht habe ich auch etwas übersehen. Auf Seite ii im Vorwort schreibt Claus, dass er in seinem Beitrag in dem Buch “Freikirchen und Juden im ‘Dritten Reich’" darauf hingewiesen hätte, dass ” die Wiener Quäkergruppe, in der Juden schließlich nicht einmal mehr zur Andacht zugelassen wurden, und der Schreiber ein derart ambitionierter Nationalsozialist war, dass die ausländischen Quäker schließlich eine zweite liberale Quäkerandacht in Wien einrichteten." Was ich scheinbar auch überlesen haben muss. Ich habe den Beitrag noch einmal durchgeblättert, aber die Passage nicht gefunden. Was ich gefunden habe, war die Aussage: “Unter den deutschen Quäkern ist aus der Zeit von 1933 bis 1945 kein einziger Fall von Diskriminierung gegenüber jüdischen Mitbürgern bekannt." Gut, vielleicht gehen für Claus die Österreicher trotz “Anschluss” nicht als “Deutsche” durch, und sind in dem Satz ausgenommen.
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