Kurzes "Hallo" bei den Zeugen Jehovas [update 21.01.2012]
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Erstveröffentlichung: 9.1.2012
Wer wurde nicht schon mal Zuhause von den Zeugen Jehovas(ZJ) besucht? Freundliche Leute, bieder gekleidet, die mit einem über Gott und das nahe Ende sprechen wollen. Auf mich wirkten sie schon immer putzig, aber für viele sind sie schaurig und gruselig - ja beängstigend. Anlässlich meines Besuches in Essen, bei den Eltern meiner Freundin, nutzte ich mal die Gelegenheit, mit ein Gottesdienst der ZJ anzusehen. Ein Teil der (älteren) Mitglieder, der Familie meiner Freundin sind Mitglieder der ZJ. Meine Freundin und die jüngere Generation nicht. Das war für mich schon die erste Überraschung. Sonst kennt man es so, dass die Kinder von den Eltern verstoßen werden, wenn sie sich von den ZJ abwenden. Offenbar ist die Mutter meiner Freundin sehr liberal. Der Gottesdienst begann an einem späten Sonntagvormittag. Das Gebäude war äußerlich unscheinbar. Ein zweistöckiges Gebäude was - wenn ich es richtig verstanden habe - in den 1990er Jahren erbaut wurde von den ZJ. Innen kam man zunächst in einen ca. 30qm großen Raum wo die Garderobe war und von dem die Toiletten abgingen. Im Eingang stand das "Begrüßungskomitee" Spalier und schüttelte Hände, so wie ich es auch von Baptisten und Pfingstler kenne. Der Weg führte dann über eine Treppe in den ersten Stock. Alle Räume waren sehr schlicht und weder mit Bildern noch mit Kreuzen geschmückt. Der Versammlungsraum bot für ca. 300 Leute Platz. Besetzt waren aber vielleicht 1/3. Die Bestuhlung war auf "Frontalunterricht" ausgerichtet. Also zur einen Seite mit einem flachen Podest mit Rednerpult. Rechts auf dem Podest stand noch eine Esstisch mit Stühlen, und links neben dem Podest eine Stuhlgruppe mit Keyboard und Schifferklavier. Die Stühle waren stapelbare Stahlrohrstühle die in Reihen miteinander verschraubt waren. Der Boden war mit Auslegware ausgelegt, der auch in einem Wohnzimmer liegen hätte können. Von der Gesamtstimmung her fühlte ich mich eher an ein Wohnzimmer der 1980er Jahre erinnert, als an ein spirituellen Versammlungsraum Begonnen wurde mit einer Predigt. Vorgetragen von einem jungen Mann in den 30er vielleicht. Akkurat in einem Anzug gekleidet. Ich war - wenn ich mir die restlichen Besucher ansah - eindeutig "underdressed" mit meinem Strickpulli und der Zimmermannshose. Die Predigt war vom Thema her nicht ungewöhnlich. Der Vortrag war sehr geschmeidig. Man merkte das der Redner das nicht zum ersten mal machte und gut geschult war. Aber es berührte mich nicht. Dann folgten Lieder und Gebete zu denen aufgestanden wurde. Da ich - wie so oft - keinen Zug verspürte, blieb ich sitzen und beteiligte mich weder an Singen noch am "Kollektivgebet auf Kommando". Das tue ich aber auch nicht bei den Mennoniten. Einmal habe ich es getan, weil sich ein anderer Quaker sich meiner so sehr schämte, das ich in nicht unnötig quälen wollte, und ihm zuliebe aufgestanden bin. Aber das ist dann noch mal eine andere Geschichte… Gesungen wurde zu Musik vom Band. Sehr ruhige Musik. Ich kannte kein einziges Stück. Da die Texte oft vom Nahen Untergang (Harmagedon) handelten, gehe ich davon aus, das es ihre eigenen Lider waren. Der letzte Teil war eigentlich der, wo man am deutlichsten merkte, dass man bei den ZJ war. Ein Ältester - ich glaube so nannten sie ihn - trat an das Rednerpult und begann mit der gesamten Versammlung ein Kapitel aus dem Wachturm durch zu arbeiten. Ein Mann reichte mir sein Wachturm, da es keinen mehr gab, den sie mir sonst geben konnten. Und so konnte ich gut verfolgen, wie das "Ping-Pong-Spiel" zwischen Ältesten und Gemeinde ca. 45 Min. hin und her ging. Es wurden ein Abschnitt gelesen, und die Fragen dazu von dem Ältesten an die Versammlung gerichtet. Dann meldeten sich welche und antworteten. Dazu bekamen sie von den Ordnern Mikrophone. Die Antworten waren meist nur die selben Worte aus den Vorgelesenen, die etwas umgestellt worden. Es gab nicht eine einzige Frage von der Versammlung: "…Hallo! Verstehe ich nicht." oder "…Sehe ich anders." Ich hätte da natürlich schon ein paar Punkte wo ich nach gehackt hätte. Aber ich wollte nicht gleich beim ersten Besuch die Versammlung sprengen. Und ich glaubte noch Gelegenheit zu bekommen ins Gespräch zu kommen. Nach dem Gottesdienst löste sich die Versammlung allerdings rasch auf. …Kein Kaffee, kein Kuchen. Naja wozu Kuchen backen, wenn man nicht weiß ob der noch rechtzeitig fertig wird vor dem Weltuntergang. Zuhause (bei den Eltern) lagen natürlich der "Wachturm" und das "Erwachet!" herum und auch die ZJ-Bibel ("Neue-Welt-Übersetzung"). Ich hab mir einiges durchgelesen. In den Zeitschriften haben sie durchaus interessante Themen ( z.T. interessanter als im "Quäker" von der GYM), allerdings sind mir die Schlussfolgerungen die sie ziehen völlig unverständlich und/oder konstruiert. Ich hab dann verzweifelt und ergebnislos im Internet und den Publikationen nach E-Mail-Adressen gesucht, wo man mal hinschreiben kann, um mal nachzuhacken. Die Diskussionen mit den Eltern verliefen freundlich aber leider fruchtlos. Sie haben mir versprochen sich darum zu kümmern, eine E-Mail-Adresse für mich ausfindig zu machen. Da die Eltern aus Polen kommen und nicht so gut Deutsch sprechen, sehe ich ihnen nach, dass sie mir nicht so gut antworten können. Das es keine auffindbaren E-Mail-Adressen gibt, erklärten sich die Eltern damit, das die Organisatoren keine Zeit hätten diese zu lesen und sich um wichtigere Dinge kümmern müssten. Zeit für noch mehr Literatur, die noch mehr Fragen aufwirft statt zu beantworten? Gegen Ende des Besuchs habe ich dann noch das kleine Büchlein "Was lehrt die Bibel wirklich" bekommen. Das würde meine Fragen beantworten. Ich hab schon reingeschaut: Nee - das wirft noch mehr Fragen auf. Also sollte ich keine E-Mail-Adresse bekommen von einen ZJ, der fähig und willens ist ein paar Nachfragen zu beantworten, werde ich mir den Text mal nehmen, und hier auf dem Blog zerlegen.
[update 21.01.2012]
Die Seite http://www.jehovaszeugen.de/ hat in den letzten Tagen ein Relaunche erhalten. Die Seite sieht mit einem Schlag viel moderner und ansprechender aus. Zu meiner Überraschung zählt zu den Neuerungen auch eine E-Mail-Adresse. Die ist zu finden unter “Pressekontakte”. So dann kann es ja mal los gehen mit der E-Mail…
Seit kurzem hat jetzt auch die Mutter meiner Freundin einen Computer. Den hatten wir mit ihr zusammen bei unserem letztem Besuch gekauft. Ich habe dann noch Linux aufgespielt und die Internetverbindung eingerichtet. Ja und sie kommt offenbar hervorragend mit ihrer neuen Anschaffung klar. Denn sie hat auch diesen Artikel hier gefunden. In einem Telefonat mit mir wies sie darauf hin, dass nur in besonders schweren Fällen, die Eltern den Kontakt zu ihren Kindern abbrechen würden. Dass die Kinder sich nicht taufen ließen und nicht zur Gemeinde der ZJ gehörten, würde alleine noch nicht reichen. Auf meine Frage was denn zu einem Beziehungsabbruch führen würde, antwortet sie, das ließe sich schwer pauschal beantworten. Ein Verhalten was höchst wahrscheinlich nicht toleriert werden würde, wäre wenn (erwachsene) Kinder getauft sind (also formal Mitglieder der ZJ sind) und notorisch ihren Partner, mit dem sie verheiratet sind, immer wieder betrügen und Null Einsicht dabei zeigen.
Als Beispiel für die Toleranz der ZJ nannte sie ihre eigene Biographie. Sie sei für einige Jahre zu einer Baptisten-Gemeinde gegangen (statt zu den ZJ) und ist mit einem Mann verheiratet der - bis heute - nicht Mitglied der ZJ ist. Zu keinem Zeitpunkt gab es einen Beziehungsabbruch seitens der ZJ.
Gut wenn man das jetzt mal mit der Katholischen Kirche vergleicht, die ja eine der beiden großen “Volkskirchen” ist: Für das notorische Fremdgehen würde man nicht rausfliegen. Wahrscheinlich werden Viele argumentieren, das dass zu weit in die Privatsphäre der Gläubigen eingreift. Aber es greift offenbar nicht zu weit in die Privatsphäre der Gläubigen ein, wenn ein geschiedener Arbeitnehmer von einem katholischen Arbeitgeber gefeuert wird, wenn dieser sich wieder verheiratet - was so ist. Der katholische Theologieprofessor und Priester Gotthold Hasenhüttl wurde beim 1. ÖKT 2003 in Berlin vom Papst vom Priesteramt suspendiert, weil er zusammen mit Nichtkatholiken das Abendmahl gefeiert hat (Siehe evangelisch.de, 16.Mai 2010 , Hasenhüttl hält “inoffiziellen” Abendmahlsgottesdienst). Aber wo die katholische Kirche immer wieder große Nachsicht zeigt ist bei pädophilen und Holocaust-Leugner (Schlagwort: “Piusbrüder”)
Also die generelle Frage lautet, bei welchen Themen und Lebensbereichen, darf eine Glaubensgemeinschaft ihren Mitgliedern Vorgaben machen und Sanktionen verhängen?
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