Hölle in der Bibel
Welche Rolle spielt Heute noch die Hölle? Eine Materialsammlung zu einem Themen-Gespräch.
- AlTES VS. NEUES TESTAMENT (BESTANDSAUFNAHME)
- BIBELSTELLEN
- DAS FEELING GOOD EVANGELIUM
- IST RADIALPAZIFISMUS OHNE HÖLLE DENKBAR?
- HÖLLE AUS SICHT DER FRÜHEN FREUNDE (QUÄKER)
Die Hölle ist vielleicht eines der kontroversesten und unpopulärsten Themen im Christentum.
AlTES VS. NEUES TESTAMENT (BESTANDSAUFNAHME)
Wie oft kommt das Wort “Hölle” überhaupt in der Bibel vor? Je nach Übersetzung fällt das Ergebnis unterschiedlich aus:
Übersetzung | altes Testament | neuen Testament |
---|---|---|
Luther: | 2 | 18 |
Einheitsübersetzung: | 0 | 12 |
Hoffnung für Alle: | 2 | 11 |
Genfer: | 0 | 13 |
Neues Leben: | 0 | 14 |
Schlachter: | 0 | 9 |
Züricher: | 0 | 11 |
Die Übersetzer sind sich offenbar nicht immer einig, wann das Wort “Hölle” ein angemessenes Wort für die Übersetzung ist. Aber Es ist sehr offensichtlich, dass es im NT ungleich öfter verwendet wird.
So wie sich die Gottesvorstellung bzw. -Beziehung in Evangelien radikal wandelt, so wandelt sich auch das Bild und die Vorstellung vom Jenseits und somit von der Hölle.
Ist das Jenseits im AT eher konfus und nebensächlich, so wird es im NT zu einem zentralen Thema. Es ist aber mitnichten so, dass die Hölle eine Erfindung der konstituierten Kirche ist und nur als Instrument der Unterdrückung erfunden wurde. Das Christentum war noch nicht staatstragend, als die Texte entstanden. So kann man z.B. in der Offenbarung des Johannes, in der das jüngste Gericht geradezu in einem monumentalen Bild mit einer großen Detailtiefe gezeichnet wird, auch als die Rachephantasie von von einem verzweifelten machtlosen Autor verstehen.
Im AT wird Gott oft als jemand beschrieben, der auf der Erde unmittelbar eingreift und die Ungerechten bestraft. Z.B “Sodom und Gomorra”, 1. Buch Mose 18. Eine (jenseitige) Hölle (zur Strafe/Sühne) war zur Herstellung der Gerechtigkeit in dieser Vorstellendung also gar nicht nicht notwendig.
Im NT wurde nach einer Erklärung gesucht, wie ein allmächtiger Gott, zu einer offensichtlich ungerechten Welt passen konnte. Des jüngste Gericht und der Hölle könnte man als Versuch verstehen, diesen Konflikt aufzulösen, in dem die Gerechtigkeit in Jenseits verlegt wird.
BIBELSTELLEN
9 Bibelstellen an denen die meisten Übersetzungen das Wort “Hölle” verwenden (In der übersetzung der Schlachter 2000).
Mt 5,29
Wenn dir aber dein rechtes Auge ein Anstoß [zur Sünde] wird, so reiß es aus und wirf es von dir! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verlorengeht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird.
Mt 5,30
Und wenn deine rechte Hand für dich ein Anstoß [zur Sünde] wird, so haue sie ab und wirf sie von dir! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verlorengeht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird.
Mt 10,28
Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht zu töten vermögen; fürchtet vielmehr den, der Seele und Leib verderben kann in der Hölle!
Mt 23,15
Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler, dass ihr Meer und Land durchzieht, um einen einzigen Proselyten 1 zu machen, und wenn er es geworden ist, macht ihr einen Sohn der Hölle aus ihm, zweimal mehr, als ihr es seid!
Mt 23,33
Ihr Schlangen! Ihr Otterngezücht! Wie wollt ihr dem Gericht der Höslle entgehen?
Mk 9,43
Und wenn deine Hand für dich ein Anstoß [zur Sünde] wird, so haue sie ab! Es ist besser für dich, dass du als Krüppel in das Leben eingehst, als dass du beide Hände hast und in die Hölle fährst, in das unauslöschliche Feuer,
Mk 9,45
Und wenn dein Fuß für dich ein Anstoß [zur Sünde] wird, so haue ihn ab! Es ist besser für dich, dass du lahm in das Leben eingehst, als dass du beide Füße hast und in die Hölle geworfen wirst, in das unauslöschliche Feuer,
Lk 12,5
Ich will euch aber zeigen, wen ihr fürchten sollt: Fürchtet den, welcher, nachdem er getötet hat, auch Macht besitzt, in die Hölle zu werfen! Ja, ich sage euch, den fürchtet!
Jak 3,6
Und die Zunge ist ein Feuer, eine Welt der Ungerechtigkeit. So nimmt die Zunge ihren Platz ein unter unseren Gliedern; sie befleckt den ganzen Leib und steckt den Umkreis des Lebens in Brand und wird selbst von der Hölle in Brand gesteckt.
DAS FEELING GOOD EVANGELIUM
Viele sehen die Hölle in der Bibel als Bestandteil eines archaischen Weltbildes, dass sie ablehnen und wollen von der Bibel vielleicht gar nichts mehr wissen. Wenn alte Kirchenlieder zu dem Thema gesungen werden, wähnen sich wahrscheinlich nicht wenige bei Monte Python:
The Meaning of Life: Oh Lord Please Don’t Burn Us (https://youtu.be/JJHpZt_89TQ?si=VrR1ZYx_iEx2pPAO)
Die, die der Bibel und dem Christentum nicht ablehnend gegenüberstehen, wollen oft aber nicht so gerne über die Hölle sprechen sondern betonen den Christus, der Hoffnung spendet wie z.B. in der Bergpredigt. Überspitzt gesagt: Alles solle sich bitte auf wundersame Weise in Wohlgefallen auflösen. Gott möge, durch die Kraft seiner Liebe, alle Menschen zum Guten bekehren und es nicht nötig machen, irgend jemanden in die Hölle zu schicken.
Wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben, dass bei Menschen wie z.B. Adolf Hitler das nicht funktioniert zu haben scheint. Hat Gott versagt? Oder ist Gott doch nicht gerecht? Denn was wäre daran gerecht, wenn Hitler einfach so davon käme? Und wozu die moralischen Grundsätze, wenn am Ende alles egal ist, da ja doch keiner in die Hölle kommt?
IST RADIALPAZIFISMUS OHNE HÖLLE DENKBAR?
Manche sind versucht, eine Erlösung und einen Gott ohne Hölle zu denken. Quasi ein “antiautoritärer Gott”. Ein Gott der nur tröstet und niemals straft.
Möglicherweise sind das die selben, die Radialpazifisten vorwerfen, sich mitschuldig zu machen, wenn sie völkerrechtswidrig überfallenende Länder nicht militärisch schützen wollen.
Ist das nicht inkonsequent, einseits Gott nicht die Bestrafung der Ungerechten zuzugestehen, und andererseits Menschen zu verurteilen, die sich und andere nicht mit militärischer Gewalt verteidigen wollen?
HÖLLE AUS SICHT DER FRÜHEN FREUNDE (QUÄKER)
In der Theologie der frühen Freunde spielt das Jenseits, das Jüngste Gericht und die Hölle keine grosse Rolle. Zum einen, weil sich der Fokus auf das Diesseits richtet und zum anderen, weil es in der Zeit eine sehr starke Strömung gab, die sich schon in der Endzeit glaubte (Millenarismus oder Chiliasmus).
W. Penn drückte es in seiner pointierte Art so aus (Ohne Kreuz, keine Krone", Kap.15 Abs.6.):
Aber wie glauben sie denn die unendliche Ewigkeit zubringen zu wollen? Denn “wie der Baum fällt, so wird er liegen.”
Die Apologie
Die Apologie von Robert Barclay ist quasi das theologische Standard-Werk der frühen Freunde. Es lassen sich nur wenige Stellen finden, die sich mit der Hölle beschäftigen.
Zum Thema: sind Kinder zur Hölle verdammt, die nicht getauft sind? Und ist deswegen eine Kindertaufe wichtig?
Die Antwort lautet zusammengefasst: Nein, Gott macht keine Vorgaben, die ein Mensch nicht erfüllen kann. Kinder bringen nicht die Voraussetzungen für die Taufe mit und werden deshalb von Gott auch nicht verurteilt werden.
Kap. 4 Abs. 4, Seite 156+157:
Ist es demnach nicht seltsam, dass Menschen eine an sich selbst so ungereimte, eine so grausame und so wohl der Natur als Barmherzigkeit und Gerechtigkeit Gottes zuwider laufende Meinung hegen sollten, davon die Schrift doch ganz und gar stille schweigt? Allein es ist offenbar, daß der Mensch diese Meinung aus Selbstliebe erfunden, usuf ihrer Seite, sich und ihre Kinder zu beschirmen, daß sie der Seligkeit nicht verfehlen können; daher sie keine Schwierigkeit daraus machen, alle andere, so wohl alt als jung, ohne Barmherzigkeit zur Höllen zu verweisen. Denn da die Selbstliebe (die allezeit geneigt ist, dasjenige zu glauben, was sie gerne wünscht) ihnen mit der Hoffnung schmeichelt, daß sie in diesem Stück auf ihrer Seite versichert sind, so bekümmern sie sich nicht drum, wie es ihren Nachbarn ergeht, die doch bei diesen unüberwindlichen Schwierigkeiten den größten Teil ausmachen. Wiederum bedienen sich die Katholiken dieser Meinung als eines Kunstgriff, die Hochachtung ihrer Kirche und die Ehrerbietigkeit gegen ihre Sakramente zu vermehren. Angesehen sie vorgeben, es werde durch die Taufe abgewaschen. Nur darinnen scheinen sie ein wenig barmherziger zu sein, daß sie die armen ungetauften Kinder nicht zur Höllen senden, sondern ihnen nur einen gewissen Limbum (Lat. Rand) anweisen, davon die Schrift so wenig Erwähnung tut, als von dem andern. So ist denn dieses nicht nur in der Schrift nicht bewährt, sondern auch noch dazu dem ausdrücklichen Innhalt derselben entgegen. Der Apostel sagt Röm.4,15. Deutlich: “Wo kein Gesetz ist, da ist auch keine Übertretung”. Und wiederum Kap. 5,13. “Wo kein Gesetz ist, da achtet man der Sünde nicht”, (oder, aber die Sünde wird nicht zugerechnet, wo kein Gesetz ist.) Es kan gewiss nichts Nachdrücklicheres gesagt werden, als was in diesem Zeugnis enthalten ist. Denn den Kindern ist kein Gesetz gegeben, weil sie als solche, dessen ganz und gar unfähig sind. Das Gesetz kann niemand angehen, als nur solche, die gewisser maßen in einem höheren oder geringeren Grad, den Gebrauch und Uebung ihres Verstandes haben, welchen die Kinder nicht haben. Daß ich deshalb hieraus diesen Schluss ziehe: Die Sünde wird keinem zugerechnet, wo kein Gesetz ist. Nun ist aber bei den Kindern kein Gesetz; Deshalb wird ihnen auch die Sünde nicht zugerechnet.
Zum Thema: Leugnen die Quäker die Hölle und das jüngste Gericht, wenn die Sagen, Jesus ist bereits wiedergekehrt?
Die Antwort lautet zusammengefasst: Nein, die Aussage der Quäker ist, dass Christus bereits in uns auferstanden ist und jetzt schon zu uns spricht. Wenn wir uns diesem inneren Licht nicht verschliessen, können unmittelbar erfahren, wenn Jesus uns mit unseren Verfehlungen konfrontiert. Er will uns zum Licht führen. Das müssen wir aber zulassen. Sonst kommt irgendwann der Tag, an dem alles zu spät ist und wir nur noch unser Urteil zu erwarten haben. Was das konkret heißt, sagen die Quäker nicht.
Schlusswort Kap. 16, Seite 795
Sie sagen, dass sie Christus in ihnen, den sie gekreuzigt, deshalb erkennen müssten, dass er in ihnen auferstanden sei, sie gerecht mache, und von ihren Sünden erlöst; so sprechen sie, wir leugneten das Leben, wie auch das Leiden und Sterben Christi, nebst der Rechtfertigung durch sein Blut, und der daher erlangten Vergebung der Sünden. Weil wir sie erinnern, wenn wir sie auf eine so dreiste und entscheidende Weise von der Auferstehung reden hören, welcher Gestalt es weit nötiger für sie sei, den Gerechten, den sie getötet, deshalb zu wissen und zu erkennen, daß er auch in ihnen auferstanden wäre, und sie versichert sein möchten,Teil an der ersten Auferstehung zu haben, und wenn sie so weit gekommen, so würden sie schon fähig gemacht werden, ein richtiges Urteil auch von der andern Auferstehung zu fällen; so beschuldigen sie uns, daß wir die Auferstehung des Leibes leugneten. Wenn wir sie von Himmel Hölle, und jüngstem Gericht so unbesonnen ins Gelage2 hinein plaudern hören, und sie ermahnen, vielmehr darum bekümmert zu sein, wie sie aus dem höllischen Zustand, in welchem sie sich be finden, herauskommen, und zu dem Gericht Christi in ihren Herzen gelangen, an das Licht glauben und demselben folgen möchten, damit sie des himmlischen Wesens, das in Christo Jesuisi, teilhaftig würden; so geben sie recht boshaft vor, wir leugneten Himmel und Hölle gänzlich, und wollten von keinem andern Himmel und von keiner andern Hölle, wie auch von keinem andern allgemeinen Gerichte, etwas wissen, als die in uns waren.
-
ein Bekehrtet oder Konvertit. Siehe Wikipedia “Konversion (Religion)” ↩︎
-
gemeinsames Mahl mit übermäßigem Essen und Trinken ↩︎