Die ewig gleichen neoliberalen Milchmädchenrechnungen...
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Wenn Stefan von Borstel mal wieder eine Kolumne auf “Die Welt” verfasst, dann dauert es meist nur wenige Stunden bis die Redaktion unter dem Ansturm der Leserkommentare die Komentarfunktion sperrt. So zum Beispiel bei dem Artikel “Niedriglöhne, Hartz IV und Zeitarbeit sind ein Segen”, vom 13. Januar 2010, 19:01 Uhr. Zwei ein halb Stunden und 196 Kommentare später um 21:39 Uhr ist dann auch schon Schluss, weil die Kommentarfunktion von der Redaktion gesperrt wurde.
Aber das sind nicht alles Kommentare der Art “Fi** deine Mutter du Hurensohn…" oder so. Das sind größtenteils wirtlich gute Beiträge. So zum Beispiel schreibt Niti um 21:35 Uhr:
Schwund. - Ineffiziente, kostenintensive, entwürdigende Pseudolösung. Besser - bedingungsloses Grundeinkommen. Ist kosteneffizienter, unbürokratisch und nicht entwürdigend.
Gleichzeitig auf der anderen Seite - vollkommene Deregulierung des Arbeitsmarktes. Ermöglicht schnell und unbürokratisch jede Form von Arbeitsaufnahme und Arbeitsaufgabe.
Der wissenschaftlich-technische Fortschritt sorgt für die immer schnellere und weitere Verfügbarkeit von “Arbeit”, so wie sie bis jetzt definiert ist.
Menschen in “Arbeit” zu zwingen, die sie letztlich nicht wirklich machen wollen, ist, bei der immer schlechter werdenden Bezahlung, Sklaverei. Und schiebt das eigentliche Problem von immer mehr überflüssig werdenden Menschen für den Arbeitsprozeß nur immer weiter auf.
Sklaven und andere Unzufriedene haben sich bisher noch immer irgendwann erhoben.
Das wird dann wieder ein Spektakel… alle schreien erst “Aa” und “Oohh” und freuen sich über ihre Lösung (Zwangsarbeit/Sklaverei) - und später rennen Menschen um ihr Leben.
Oder ein ottoaktiv schreibt um 21:34 Uhr
Der Artikel oben ist genauso unrealistisch wie das ganze Thema Hartz IV. Arbeitslose werden dadurch den Großunternehmen als willenlose Sklaven aufbereitet. Damit sich die Großaktionäre in ihren Villen die Wände mit 500 Euroscheinen tapezieren können. Nur darum geht?s Letztendes. Die Zuzahlungen durch die Arbeitsagenturen sind auf Dauer teurer, als wenn das Geld für Weiterbildung (auch Lehrwerkstätte von zukunftsorientierten Berufen für Jugendliche) und Umschulung ausgegeben worden wäre.
Hartz IV ist für die Betroffenen perspektivlos, demütigend und macht höchstens krank, fördert die Drogen und Alkoholsucht, dadurch wird nicht nur der Nährboden für Kriminalität vorbereitet, sondern es werden zudem enorme Krankenkosten verursacht.
Was willst Du einmal für einen Beruf lernen Kind? Hartz IV (Staatssklave)! Das ist Hartz IV in Reinform, der Stand der momentanen Bildungspolitik in Deutschland.
Das Schlimmste an Hartz IV ist, dass die verantwortlichen Schreibtischtäter, sich die Säcke mit Kohle vollstecken und man zur Entspannung, in Rio die Puppen tanzen lässt.
Es ist aber damit nicht behauptet, dass man Letzteres für einen Euro haben kann.
Aber der Satz der in den knapp 200 Kommentar immer wieder (unterschiedlich formuliert) auftaucht ist: “Für wie bescheuert halten Die uns eigentlich?” Und die Frage ist mehr als berechtigt! Konkret zu dem Autor Stefan von Borstel: Er greift das Thema “Hartz IV” immer wieder auf. Hier ein Auszug seiner letzten Artikel bei “Die Welt”
- "Fünf Jahre Hartz-IV-Reform - Experten ziehen Bilanz"
- "Hartz IV ist verhasst, aber erfolgreich"
- "Hartz IV war dringend notwendig"
- "Rüttgers sägt weiter an Hartz IV"
- ""Die Politik macht Hartz IV zum Dauerzustand
- "Hartz IV ist kein Schicksal"
- "Missbrauch stoppen"
- "Bevor ich zum Jobcenter gehe, mache ich lieber jede Arbeit"
- "Dass ich einmal von Hartz IV leben muss, hätte ich nie gedacht"
- "Man kann den Kreislauf durchbrechen"
- "Verhasst, aber wirksam"
Alle Artikel sind mehr oder weniger tendenziös. Auf der Autorenseite findet man ein bisschen was über seinen Hintergrund, aber natürlich leider keine Auflistung, auf wessen Gehaltsliste er noch so steht.
Was für schwachsinnige Milchmädchenrechnungen von den Vertretern des Neoliberalismus aufgestellt werden zeigt auch ein Artikel auf Spiegel.de mit dem Titel “Rentenversicherung warnt vor Altersarmut” vom 16.01.2010. Hier wird noch mal ganz klar darauf hingewiesen, das die Sozialversicherungen in erster Linie von den Arbeitnehmern bezahlt werden, und das Arbeitgeber die nichts verdienen, auch nichts in das Sozialkassen einzahlen können. Auch eine Privatisierung der Altersversorgung (Schlagwort Riester-Rente) kann nicht funktionieren, wenn die Arbeitnehmer mit Niedriglöhnen von der Hand in den Mund leben! Es gibt also nur zwei Wege:
- A: Die Löhne steigen soweit an, das die Sozialversicherungen wieder Beiträge bekommen.
- B: Die Sozialleistungen werden Steuerfinanzier (formal sind es heute "Beiträge" und keine "Steuern") und man muss sich überlegen, welche Steuer erhöht werden soll. Die Lohnsteuer kann es nicht sein, weil ja zu wenig ausreichend verdienen um das die Lohnsteuer reichen würde.
So, und was können wir heute (16.1.2010) in der Welt über Roland Koch(CDU) lesen? “Koch fordert Arbeitspflicht für Hartz-IV-Empfänger”. Was eine Geniale Idee. Da fragt man sich als Abstinenzler immer, ob solche Geisteszustände mit legalen Drogen überhaupt zu erreichen sind. Nach kurzer Recherche habe ich dann die E-Mail-Adresse von Roland gefunden (post@roland-koch.de) und ihm gleich mal eine Mail geschickt:
Betr.:Arbeitspflicht für Hartz-IV-Empfänger
Lieber Roland!
Wie ich in der “Welt” (http://www.welt.de/politik/deutschland/article5868714/Koch-fordert-Arbeitspflicht-fuer-Hartz-IV-Empfaenger.html) heute gelesen habe, hast du den Einfall gehabt, eine Arbeitspflicht für Hartz-IV-Empfänger ein zu führen.
Okay, ich habe da einen Gegenvorschlag: Wir führen im Grundgesetz(GG) das Recht auf Arbeit ein. Ich schlage den Wortlaut von Artikel 23 der “Allgemeine Erklärung der Menschenrechte” vor:
-
Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit.
-
Jeder, ohne Unterschied, hat das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.
-
Jeder, der arbeitet, hat das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, gegebenenfalls ergänzt durch andere soziale Schutzmaßnahmen.
-
Jeder hat das Recht, zum Schutz seiner Interessen Gewerkschaften zu bilden und solchen beizutreten.
Normalerweise wette ich als Quäker nicht (ist mir genauso wenig gestattet wie wie Glücksspiel und Falschen um Preise), aber ich denke bei einer Spaß-Wett zu einem guten Zweck, kann man mal eine Ausnahme machen!
Also, ich Wett:
Das wenn das “Recht auf Arbeit” in das GG aufgenommen wird. Das ein genauso großes Fiasko wird, wie jetzt der “Gesetzlicher Anspruch auf ein Kita-Platz” (http://www.welt.de/die-welt/politik/article5730759/Die-Kommunen-fuerchten-Klagewelle-wegen-Kita-Plaetzen.html). Wenn dem so ist, Roland, brauchen wir uns nicht mehr ernsthaft über eine Forderungen nach “Arbeitspflicht für Hartz-IV-Empfänger” unterhalten - oder?
Als Wetteinsatz schlage ich vor: Einen Monat lang täglich für eine Stunde Klos schrubben, bei der Bahnofsmission.
Mit freundlichen Grüßen
Olaf Radicke, München
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