Warum ich glaube, dass "Doppelmitgliedschaften" nicht möglich sind. [update 14.8.2011]
Der Artikel stammt aus dem Archiv! Die Formatierung kann beschädigt sein. Erstveröffentlichung: 7.8.2011
Es ist allgemein bekannt, dass das GYM glaubt, Doppelmitgliedschaften seien kein Konflikt und deshalb möglich. Mit Doppelmitgliedschaft ist gemeint, dass ein Mitglied die Mitgliedschaft von zwei verschiedenen Glaubensgemeinschaften hat. Das wird aktuell auch im GYM praktiziert. Ich bin mir im Zweifel, ob den betroffenen Gemeinschaften der theologische Konflikt wirklich bewusst ist. Wahrscheinlich eher nicht, sonst würden sie dem ja nicht zustimmen. Den Grund sehe ich darin, dass die jeweiligen Glaubensgemeinschaften zu wenig übereinander wissen. Deshalb will ich hier mal eine Gegenüberstellung von Quakertum und Protestantismus machen. Ich erhebe dabei kein Anspruch auf Vollständigkeit. Wer etwas ergänzen will, oder auch widersprechen möchte, dem gebe ich gerne einen Account auf TIF, mit er einen Artikel schreiben kann.
Friedenszeugnis/Verdammung
Mit der - mittlerweile schon berühmten - Rede “Nichts ist gut in Afghanistan” mag eine Margot Käßmann, eine breite Diskussion um die Friedenstheologie angestoßen haben. Das macht die Evangelische Kirche aber noch längst nicht zu einer Friedenskirche. Hier stehen sich das Quakertum und die Evangelische Kirche noch klar gegenüber. Wenn man hinter die Fassaden der Evangischen Kirche schaut, entpuppen sich eine Rede wie die von Margot als substanzlose Sonntagsrede. Die Confessio Augustana ist in der Evangelischen Kirche hat immer noch gültiges Bekenntnis! Siehe hierzu die Seite . Hier heißt es in ARTIKEL 16:
- "Von der Polizei (Staatsordnung) und dem weltlichen Regiment wird gelehrt, dass alle Obrigkeit in der Welt und geordnetes Regiment und Gesetze gute Ordnung sind, die von Gott geschaffen und eingesetzt sind, und dass Christen ohne Sünde in Obrigkeit, Fürsten- und Richteramt tätig sein können, nach kaiserlichen und anderen geltenden Rechten Urteile und Recht sprechen, Übeltäter mit dem Schwert bestrafen, rechtmäßig Kriege führen, in ihnen mitstreiten, kaufen und verkaufen, auferlegte Eide leisten, Eigentum haben, eine Ehe eingehen können usw. Hiermit werden die verdammt, die lehren, dass das oben aufegelistete unchristlich sei. [...]"
Wie kann ich also einerseits Mitglied in der Evangelischen Kirche sein wollen, und andererseits Mitglied in einer Gemeinschaft, die für ihre Überzeugung von der Evangelischen Kirche verdammt wird? Der Gedanke auf dem der ARTIKEL 16 fußt ist übrigens - unverkennbar - die so genannte “Zwei-Reiche-Lehre”. Die hat sich Luther unter Anderem deshalb überlegt, um die blutige Niederschlagung der Bauernaufstände theologisch und moralisch zu legitimieren. Ich glaube die “Zwei-Reiche-Lehre” hat unter Quakern keinerlei Rückhalt.
Taufe (Sakrament)
Bei der Frage der Taufe liegen beide Gemeinschaften “himmelweit” auseinander.
- Die Evangelische Kirche
- ...tauft Kinder
- ...tauft mit Wasser
- Die Taufe ist für sie ein Sakrament
- und heilsrelevant
- Die Taufe ist Bedingung für die Mitgliedschaft
- Die Taufe ist z.T. Vorrausetzung für die Kommunion, also die Teilnahme an der Eucharistie
- Die Quaker
- Taufen nicht mit Wasser (sondern sie werden von Christus mit dem Heiligen Geist getauft Vgl. Joh. 1:29-34)
- Die Taufe mit Wasser ist kein Sakrament
- Die Taufe (mit Wasser) ist keine Voraussetzung für die Mitgliedschaft.
- Die Taufe (mit Wasser) ist nicht heilsrelevant.
Abendmahl (Sakrament)
Für die Evangelische Kirche ist das Abendmahl ein Sakrament und sehr wichtig. Für Quaker ist das zeremonielle-liturgische Abendmahl bedeutungsloser Tand. Die Teilnahme eines Quakers am Abendmahl führte in früheren Tagen zum sicheren Ausschluss von der Gemeinde, da Quaker das zeremonielle-liturgische Abendmahl für heidnischen Aberglauben hielten.
Ordination (Sakrament)
Ordination zu einem kirchlichen Amt ist in der Evangelischen Kirche ebenfalls ein Sakrament. Im Quakertum gibt es keine Ordination. Und schon gar nicht eine, die ein Sakrament wäre.
Ehe
Im Verständnis der Evangelischen Kirche, ist die Ehe in erster Linie eine “weltliche” Angelegenheit. Die Trauung ist ein Gottesdienst anlässlich einer Eheschließung. Es gibt keine Eheschließung ohne das mindestens einer von beiden getauft wäre und beide standesamtlich getraut sind.
Im Quakertum ist die Taufe (mit Wasser) für die Eheschließung bedeutungslos. Die Ehe wird von zwei Leuten im Beisein (“bezeugt”) von möglichst mindestens 12 Gemeindemitgliedern vor Gott geschlossen. Die Meinung des Staats ist dabei unerheblich. Die Ehe wird dann als geschlossen im Gemeindebuch vermerkt. Sollte die Auffassung der Quakergemeinde der des Staates zu wieder laufen, oder gar Gesetze verletzen, wird das in Kauf genommen. Mit allen Konsequenzen, die das mit sich bringt. Siehe hier zum Beispiel den Konflikt der Quaker in Großbritannien bezüglich der Homo-Ehe. (“Medienecho auf “Homoeheschließungen” in Kirchen in GB”)
“Kirche” vs. “Turmhaus”
Ich zitiere hier einfach mal G. Fox aus seinen Tagebüchern:
- Was nennst du übrigens “Kirche?” “Nun,” sagte er [Doktor Cradock], “das was du ‘Turmhaus’ nennst.” Darauf fragte ich [George Fox] ihn, ob denn Christus sein Blut für das ‘Turmhaus’ vergossen habe. “Und,” sagte ich, “wenn nun die Kirche die Braut Christi und Christus das Haupt der Kirche genannt wird, glaubst du denn, das ‘Turmhaus’ sei die Braut Christi und er das Haupt dieses alten Gebäudes? ist er nicht vielmehr das Haupt der Gemeinde?” (Eph. 5). “Er ist das Haupt der Gemeinde,” erwiderte er, “und sie ist die Kirche.” “Ihr habt also den Namen Kirche, welcher der Gemeinde zukommt, einem alten Hause gegeben,” sagte ich, “und habt die Leute gelehrt, solches zu glauben!”
Der Grund warum die Evangelische Kirche ihre Versammlungshäuser “Kirche” nennt, ist entweder eine andere Eclesionogie oder ein Irrtum, an dem sie seid Jahrhunderten immer noch festhalten.
Rechtfertigung
Einer der wichtigsten Fragen überhaupt dürfte wohl sein, was einen Menschen vor Gott rechtfertige. Hier sind drei wichtige Konzepte der Evangelischen Kirche…
- sola fide (lat. „allein durch Glauben“)
- sola gratia (lat. allein durch Gnade)
- Und die Prädestination
Vielleicht wenden jetzt einige ein, die Prädestinationslehre würde nur vom Calvinismus vertreten. Das stimmt aber nicht. In vielen Schriften von Luther ist klar zu erkennen, dass er ähnlich dachte. Dies steht natürlich im völligen Kontrast zum Quakerzeugnis der Gleichheit (Testimony of Equality). In den Tagebüchern von G. Fox ist beschrieben wie er diese Lehre verwirft und widerlegt. Das “sola fide” und das “sola gratia” der Evangelischen Kirche steht dem Konzept des “Inneren Licht” der Quaker entgegen. Im Quakertum ist das Heil durch die Hinwendung zum “Inneren Christus” oder “Inneren Licht”.
Die Gnade erschließt sich durch die aktive Hinwendung. Der Glaube erwächst durch unmittelbare Erfahrung des Wirken des Heiligen Geistes, an einem selbst. Der Glaube ist also nicht Voraussetzung für die Gnade, sonder die Erfahrung der Gnade, wird automatisch, quasi nebenher zum Glaube. Der Glaube an sich ist noch keine Rechtfertigung. Erst das Leben in der Nachfolge führt zu einem Leben im Reich Gottes. Ein Buchtitel von G. Fox lautete: “Niemand ist ein Nachfolger der Apostel und Propheten, als wer ihnen nachfolgt in der gleichen Kraft und dem gleichen Geist, darin sie waren." Somit werden die zentralen Glaubenssätze der Evangelischen Kirche vom Qakerum verworfen.
Und an einer anderen Stelle führt er aus:
- Die Priester hatten den Leuten Angst gemacht gehabt mit der Lehre von der Erwählung und der Verwerfung;[...] Es hänge also nicht vom Tun der Menschen, sondern von der Bestimmung Gottes ab. Es trieb mich, diesen Leuten die Verkehrtheit in der Lehre ihrer Priester aufzudecken, und ich zeigte ihnen, wie sie die Schriftstellen aus dem Judasbrief und andere, auf die sie sich beriefen, verdreht hatten. Ihre Behauptung, dass gar nichts von dem Tun des Menschen abhänge, widerlegte ich ihnen aus dem Judasbrief, wo die Schuld deutlich zu sehen ist bei Kain, Korah und Bileam, von denen es heißt, sie seien von Anbeginn zur Verdammung bestimmt gewesen. Denn hatte nicht Gott Kain und Bileam gewarnt und an Kain die Frage gerichtet: "Wenn du recht tust, bist du dann nicht angenehm vor Gott?" Und hat der Herr Korah und seine Rotte nicht aus Ägypten geführt und sie haben sich ihm und seinem Gesetze und Moses trotzdem widersetzt! "Man sieht deutlich," sagte ich, "dass Kain und Korah und Bileam schuldig waren, so wie es alle sind, die ihre Wege gehen. Oder haben die etwa keine Schuld, die sich Christen nennen und doch dem Evangelium zuwider handeln, wie Korah wider das Gesetz, und die vom Geist abirren, wie Bileam und Übles tun wie Kain? An ihnen liegt die Schuld, und nicht an der Verwerfung und nicht an Gott. Sagt nicht Christus: "Gehet hin und predigt das Evangelium aller Welt." Er würde sie nicht in alle Welt geschickt haben, um die Lehre vom Heil zu predigen, wenn die meisten Menschen für die Hölle bestimmt wären. Und war nicht Christus ein Sühneopfer für der ganzen Welt Sünden? für die Verworfenen wie für die Auserwählten? Er starb für alle Menschen, für die Guten wie für die Bösen, wie der Apostel bezeugt, 2. Cor. 5,15 und Römer 5,6.
Priestertum
Das Priestertum hatte ich oben schon angerissen. Im Quakertum gab es lange Zeit keine bezahlten Prediger. Der Klerus war im frühen Quakertum immer wieder Thema und wurde wehement abgelehnt von den Quakern. Und bis heute hat sich daran bei Liberalen und Konservativen Quakern nichts geändert. Lediglich die Evangelikalen Quaker handhaben das seid ca. 100 Jahren anders.
Kirchensteuer
Kirchensteuern wurden von Quakern massiv kritisiert. Über lange Zeit sind Quaker für die Verweigerung der Kirchensteuer reihenweise in den Knast gegangen und zwangsgepfändet worden. Einer solchen Erniedrigung würde ich mich nie beugen. Solange die Evangelische Kirche Kirchensteuern erhebt geht da mal garnix!
G. Fox schrieb dazu an seine Glaubensbrüder und -schwestern:
- Seid getreu im Herrn in eurem Zeugnis für Christus, welcher das levitische zehntennehmende Priestertum Aarons aufhob und seine Diener aussandte, umsonst zu predigen, wie sie es umsonst empfangen hatten, ohne Stab noch Tasche (Math. 10). Christi Jünger können nichts mit denen zu tun haben, die ein Geschäft aus dem Predigen machen, und gleich wie ein Zeugnis abgelegt werden musste gegen jenen Zehnten, welche das Gesetz für Aaron und Levi gebot, also muss Zeugnis abgelegt werden gegen diesen Zehnten, welcher von Menschen eingeführt wurden in den dunklen Zeiten des Papsttums, und nicht durch Gott oder Christus. Nun ist es ein Widerspruch, mit Worten gegen die Priester zu schreien und dennoch sie zu unterstützen und zu füttern, damit sie nicht Streit anheben sollen. Darum hütet euch, denn wenn der Herr euch segnet mit äußeren Gütern, und ihr wendet sie den Baalspriestern zu, so möchte er füglich die äußeren Güter, die er euch gab, wieder von euch zurückfordern; sagte er doch, das seine Diener umsonst geben sollten, wie sie auch umsonst empfangen hätten; darum muss Zeugnis abgelegt werden [...] Denket daran, wie viele getreue Diener und Kämpfer des Herrn ihr Leben ihretwegen gelassen, in den Tagen des Herrn, und wie sie in den Tagen der Märtyrer gegen sie gezeugt haben. Denket auch daran, welches Gericht über die gekommen ist, welche den Freunden ihre Habe geraubt und sie ins Gefängnis getan, um der Zehnten und Unterstützungen willen. Darum führet den Krieg gegen das Tier weiter in der Kraft des Herrn, und füttert es nicht, nur damit es euch \zitat{Friede!} zurufen solle; solchen Frieden sollt ihr nicht annehmen, sondern ihr müsset ihn brechen und verwerfen durch den Geist Gottes. [...]
Es ist ja schon ein Witz, das sich die Evangelische Landeskirche mit Steuergeldern z.T. ihr Personal bezahlen lässt. Und das z.T. mit Steuergeldern von Atheisten. Den meisten dürfte wahrscheinlich gar nicht klar sein, wie tief die beiden großen “Staatskirchen” dem Steuerzahler in die Tasche greifen. Hier ein kurzer Ausschnitt eine Interviews zwischen Spiegel-Online und Oliver Lösch am 14.08.2011
- 500 Millionen Euro jährlich erhielten die Kirchen allein an Staatsleistungen und Donationen. "Bischof Mixas Pension wird vom Staat bezahlt: [...] "Die Kirchen zahlen keine Gewerbesteuer, keine Grundsteuer, keine Kapitalsertragssteuer, sie bekommen kostenlose Sendezeiten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der Staat treibt ihnen die Steuern ein, stellt die Infrastruktur für den konfessionellen Religionsunterricht." [...] Auf etwa 19 Milliarden Euro belaufen sich insgesamt die direkten und indirekten staatlichen Subventionen für die Kirche, sagt er [Oliver Lösch]. [...] Nur acht Prozent des Kirchensteueraufkommens werde für soziale Zwecke ausgegeben, sagt Lösch.
Gottesdienst(-Form)/Liturgie
Der wohl offensichtlichste Unterschied zwischen Evangelischer Kirche und Quakertum ist wahrscheinlich die Form des Gottesdienstes. Den der Evangelischen Kirche brauche ich nur in Ansätzen beschreiben, da ihn wohl jeder kennt. Typische Elemente sind:
- Die vorbereitete Predigt, von einer vorbestimmten Person.
- (Liturgische) Gesänge.
- Gebete mit vorgegebenen Inhalt ("Vater unser" z.B.)
- Segnung / Segenswunsch (mit mehr oder weniger fester Formel)
- Bibellesung (nach Lesungs-Plan)
- Das - meist obligatorische und auf Kommando - "gebt euch ein Zeichen des Friedens..."
- Das gemeinschaftliche Sprechen des Glaubensbekenntnisses
Dem gegenüber steht die klassische Quaker-Andacht, die keinen vorgegeben liturgischen Ablauf hat. Es ist - vom Prinzip - nicht klar wer, was und ob überhaupt gesprochen wird. Es gibt keine Gesänge oder vorgegebenen Gebete, und schon gar nicht ein im Chor gesprochenes Glaubensbekenntnis (da stellen sich bei mir immer die Nackenhaare auf!).
Jetzt könnte man argumentieren, dass sich das doch wunderbar ergänzen würde. Ich glaube nicht. Bei ihrer Form des Gottesdienstes haben sich die Quaker ja was bei gedacht. Ich lasse hier W. Penn aus “Ohne Kreuz keine Krone” zu Wort kommen:
- "[...] obgleich Christus beständig den Zweck hatte, die Gemüter seiner Jünger vom äußern Tempel und von fleischlichen Gebräuchen und Zeremonien abzuziehen, und zur inneren, geistlichen, der Natur und dem Wesen der Gottheit angemessenen Gottesverehrung anzuleiten, so wurden dennoch wieder ein weltlicher, von Menschen erfundener, prachtvoller Gottesdienst und ein weltliches Priestertum eingeführt, und auch wieder Tempel und Altäre errichtet."
- "Man war allerdings sehr fruchtbar in Erfindung neuer Zeremonien und Verzierungen, allein desto unfruchtbarer im Guten. Die köstlichen Früchte des Geistes blieben zurück. Denn Tausende von Schalen können nicht einen einzigen Kern, und viele tote Körper nicht einen lebendigen Menschen ersetzen."
- "Daraus entstand jene Gottesverehrung, die mit prachtvollen Gebäuden und Bildern, reichen Verzierungen und Gewändern, seltenen Stimmen und auserlesener Musik, mit kostbaren Lampen, Wachslichtern und Räucherwerk, und dies alles mit einer für die äußeren Sinne so einnehmenden Abwechselung, als die Kunst nur erfinden und Kostenaufwand es erschwingen konnte, aufs Glänzendste geschmückt wurde. Als ob die Menschen wieder Juden oder Ägypter werden sollten, oder als wenn Gott wirklich ein sehr alter Mann wäre und Christus ein kleiner Knabe, dem man mit einer Art religiösen Spielwerks eine Freude machen könnte, denn so bilden sie ihn in ihren Tempeln und nur zu häufig auch in ihren Gemütern ab. Man muss freilich gestehen, dass eine solche Gottesverehrung solchen Begriffen von Gott völlig entspricht, denn, wenn Menschen sich ihn so, wie sie selbst sind, vorstellen können, so ist es auch nicht zu verwundern, dass sie sich auf eine Art an ihn wenden und ihn so zu unterhalten suchen, wie es ihnen selbst von anderen am besten gefällt."
Ich denke aus den Zitaten ist deutlich geworden, das dass Verständnis von Gottesdienst ein völlig anderes ist. Da der Gottesdienst für ein und die selbe Person - nämlich Gott - ist, fällt es mir schwer zu glauben, beide Gottesdienste würden der Sache gerecht werden. Hinter beiden Gottesdienstformen stehen doch völlig andere Vorstellungen vom Zweck des selben, und über den Charakter des Adressaten. Ich glaube das man genauso wenig von beiden Gottesdienstformen gleichzeitig überzeugt sein kann, wie man gleichzeitig, Vegetarier und Fleischesser sein kann.
Confessio Augustana, (Fortwährende-)Offenbarung, “Innerer Christus”
Die Confessio Augustana wurde schon in Bezug auf das Friedenszeugnis oben angesprochen. Ich hatte mich aber auch schon vor einiger Zeit in dem Artikel “In Vorbereitung auf den Ökomenischen Kirchentag 2010 in München”. Darin hatte ich noch von einem anderem Punkt geschrieben. Nämlich der, dass die Quaker von den Protestanten nicht nur wegen ihrem Friedenszeugnis verdammt werden, sondern in Artikel 5 auch dafür verdammt werden, dass wir an ein “Inneres Licht” glauben, was sich unmittelbar und nicht nur über das “Wort des Evangeliums” offenbart.
ich könnte noch auf den “Kleinen und Großen Katechismus” eingehen, aber an würde meine Liste mit den Unterschieden und Widersprüchen/Konflikten noch länger werden.
Art der Beschlussfindung
Ein ganz wichtiger Punkt scheint mir aber noch zu seien, dass es eine fundamental andere Art der Beschlussfassung im Quakertum gibt. Im Verständnis des Quakertums wird die Gemeinde unmittelbar durch den Heiligen Geist geführt. Die so genannten “Geschäftsversammlungen” sind Versammlungen aller Mitglieder der Gemeinde. Einschließlich der Frauen, und zwar von Anfang an! Auch wenn es Anfangs unter einigen Mitgliedern Widerstände gab, war der Punkt unter Quakern nie wirklich strittig. G. Fox fand in seinen Ermahnungen dafür deutliche Worte:
- Alle, die keinen Nutzen in den Versammlungen der Frauen sehen oder der Männer, sondern sich denselben widersetzen und Streit unter den Freunden anstiften, haben den weltlichen Geist, welcher unsern Versammlungen entgegen ist und sich ihnen widersetzt; sie haben denselben weltlichen Geist, welcher gegen das Reden der Frauen in den Versammlungen war und noch ist, den Geist derer die sagen, "die Weiber sollen schweigen in der Gemeinde" (1. Cor. 14, 34), obgleich der gleiche Apostel befiehlt, das die Männer schweigen sollen, so gut wie die Frauen, wenn kein Ausleger da sei (14, 28). Ihr seht also, dass der Geist dieser Welt über diese Gegner gekommen ist, wenn sie sich schon einen andern Anschein geben; denn sie wollen, das wir überhaupt keine Versammlungen haben. Sie sind gegen die Versammlungen der Frauen, und etliche auch gegen diejenigen der Männer und sagen, sie sehen keinen Nutzen darin. Mögen sie das Maul halten und sich nicht solchen widersetzen, die ihren Gottesdienst in diesen Versammlungen sehen [...].
Mehrheitsbeschlüsse oder gar hierarchische Entscheidungen sind der Wesensart und dem theologischen Verständnis des Quakertum fremd. Das was die Protestanten in ihrem Vaterunser beten, versuchen Quaker praktisch umzusetzen: “…dein Wille geschehe…” wird hier wörtlich verstanden. In den Geschäftsversammlungen wird versucht nach dem Willen Gottes zu forschen. Deshalb wird - selbstverständlich - nicht über den Willen Gottes abgestimmt und die Mehrheit zu dem Willen Gottes erklärt. Für einen Beschluss braucht es in einer Quakergemeinschaft die Einigkeit, dass man sich gemeinsam einig ist, zu glauben, den Willen Gottes erkannt zu haben. Wenn es in dem Punkt keine Einigkeit gibt, gibt es keinen Beschluss.
Wie kann jetzt jemand mit einer Doppelmitgliedschaft die (Mehrheits-)Beschlüsse der Protestanten mittragen aber das Vaterunser beten “…dein Wille geschehe…”?
Sündenlehre
Die Auffassung bezüglich der Sünde ist zwischen Quakern und Protestanten diametral entgegengesetzt, würde ich sagen. Hier wieder Eine Aussage von G. Fox :
- "[...] Er [Christus] wohnet in uns mit seinem Geist und der Geist Christi macht uns frei von aller Ungerechtigkeit und Gottlosigkeit."
Und hier die Aussage der Protestanten zur Sünde in Artikel 2 der Confessio Augustana:
- "Weiter wird bei uns gelehrt, dass nach Adams Fall alle natürlich geborenen Menschen in Sünde empfangen und geboren werden, das heißt, dass sie alle von Mutterleib an voll böser Lust und Neigung sind und von Natur keine wahre Gottesfurcht, keinen wahren Glauben an Gott haben können, ferner dass auch diese angeborene Seuche und Erbsünde wirklich Sünde ist und daher alle die unter den ewigen Gotteszorn verdammt, die nicht durch die Taufe und den Heiligen Geist wieder neu geboren werden. "
Was übrigens auch noch ein Widerspruch zu Artikel 2 der Confessio Augustana ist, in dem es heißt: ”[…] dass er [Christus] ein Opfer nicht allein für die Erbsünde, sondern auch für alle anderen Sünden war und Gottes Zorn versöhnte, […]". Ja was denn nun? Ist die Erbsünde nun gesühnt und ist Christus für ALLE gestorben, oder doch nur für die die brav mit ihrer Kirchensteuer die Pfarrer allimentieren?
Suffering
Zum Thema “Suffering” wäre auch noch einiges zu sagen. Das sprengt hier aber vollends den Rahmen. An dieser Stelle verweise ich hier deshalb nur auf den Artikel in Wikipedia “Meeting for Sufferings”.
Abschließende Bemerkung
Ganz losgelöst von den hier angeführten Dingen, ist mir eigentlich nicht bekannt, dass irgendeine christliche Glaubensgemeinschaft Doppelmitgliedschaften vorsieht. Ich kenne auch nicht einen Fall aus der Praxis, außerhalb des GYM. Neben den theologischen Gründen, ist das - so denke ich - auch eine Frage der Loyalität. Wenn ich mit einem Verein Fußball spielen will, muss ich mich auch irgendwann mal für einen Verein entscheiden. Ich kann nicht auf “zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen”.
[update 14.8.2011]
Es wurde noch ein Zitat aus dem Interviews zwischen Spiegel-Online und Oliver Lösch am 14.08.2011 im Abschnitt “Kirchensteuer” eingefügt.
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