Mennoniten-Projekt "Unser Friedenszeugnis" (Teil I.)
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Letzten Sonntag (15.5.2011) bei dem Mennoniten-Gottesdienst machte mich Jürgen Moser auf ein Projekt aufmerksam, an dem er mitwirkt. Einige Mennoniten hatten das Bedürfnis, sich intensiv mit ihrem "Friedenszeugnis von 1987" auseinanderzusetzten -ursprünglich mit der Aufgabenstellung es zu überarbeiten. Herausgekommen ist ein Arbeitsheft zum Friedenszeugnis für die Gemeindearbeit, welches auch als PDF heruntergeladen werden kann (http://mennonitisch.de/positionen.html).
Da die Quaker und die Mennoniten das Friedenszeugnis theologisch verbindet, und die Quaker erst letztes Jahr mit mehr oder weniger Tam-tam ihr 350-Jähriges gefeiert haben, dachte ich mir, es sei ganz interessant sich auch mal damit zu befassen. In diesem Artikel hier, werde ich das in zwei Abschnitte tun: In einem Teil mit allgemeinen Überlegungen und einen zweiten Teil, in dem ich inhaltlich auf einzelne Abschnitte eingehe. Mein Artikel soll nicht als Nörgelei verstanden werden, denn ich finde den Ansatz gut und denke hier hätten die Quaker noch ein interessantes Betätigungsfeld. Mit meinen Anmerkungen möchte ich das Projekt der Mennoniten aktiv unterstützen und die Quaker dazu anregen, sich Gedanken darüber zu machen, ob sie nicht auch mal ein Arbeitsbuch für die Gemeindearbeit auf die Beine stellen sollten. Ich meine, wenn das GYM traditionell schon schwer "belastet ist" mit vielen Pädagogen unter seinen Mitgliedern…
Allgemeine Bemerkungen
Fange ich mit den Kleinigkeiten an: Das Lackpapier liegt mir unangenehm in der Hand. Auf das strahlende Weiß könnte ich gut verzichten. Meine Randbemerkungen mit dem Kugelschreiber sind durchgeschlagen und die Farbe vom Textmaker trocknete nur langsam auf dem Papier.
Ich denke es ist sehr wichtig, dass ein Arbeitsbuch ergebnisoffen ist. Dieses Gefühl hatte ich nicht immer. Klare Aussagen zu machen und eindeutige Standpunkte zu vertreten ist okay. Allerdings nicht wenn ich dem Leser eine Frage stelle oder ein Arbeisauftrag erteile. Ich empfand viele Fragen und Aufgaben als manipulativ und suggestiv. Das wird bei den Lesern Widerstände wecken.
Mir ist nicht ganz klar welche Zielgruppe die Autoren haben. Mennoniten oder Nichtmennoniten; Konvertiten oder Hineingeborene; Junge oder Ältere… Wenn es eine gibt, sollte dies in der Einleitung/Vorwort erwähnt werden. Auf dem Heftrücken sollte auch in ein-zwei Absätzen umrissen werden, für wen und wozu das Heft gedacht ist.
Was mir zu kurz kam, war die spirituelle Bedeutung des Friedenzeugnis. Über weite Strecken war mir die Auseinandersetzung zu plakativ und von zu sehr von Aktionismus geprägt. Der passive erduldende Pazifismus kam erst weiter hinten zu Wort. Und leider nur angerissen und als Zitate längst vergangener Zeiten. Hier wäre es - denke ich - wichtig tiefer zu gehen. Mit einer Regenbogenfahne am Ostermasch teil zu nehmen, ist etwas anderes, als Totalverweigerer ins Gefängnis zu gehen. Das Friedenszeugnis ist kein "Wohlfühl-Evangelum"! An einigen Stellen wird das auch angedeutet. Das geht heutzutage nicht sehr konform mit unserer Wellnesskultur. Ein Evangelium der Entbehrung und Selbstbeschränkung steht im Kontrast zur Überflussgesellschaft und der Ausrichtung auf Selbstverwirklichung. Die zentrale Frage, die viele beschäftigen wird, ist wie soll aus Leiden Erlösung werden? Die christliche Sicht und Antwort darauf ist Vielen abhanden gekommen und muss neu gefunden werden.
Ein anderer Aspekt, der nur andeutungsweise im hinteren Teil thematisiert wurde, ist dass das Friedenszeugnis von den Mennoniten nicht immer hochgehalten wurde, und das die Mennoniten während der NS-Zeit auf breiter "Front" ihr Friedenszeugnis und ihre Theologie verraten haben. Umso wichtiger ist es - aus meiner Sicht - die heutigen Mennoniten zu fragen: Zu welchen Opfern bist du bereit, wenn es wieder "hart auf hart" kommt? Ist dein Friedenszeugnis wirklich belastbar? Oder dient es nur der Profilierung?
Es gibt bestimmt auch Mennoniten die zum Thema "Leid" und "Gewalt" andere Positonen vertreten. Ich würde mir wünschen, dass beide Positionen - gerne auch als unvereinbare Gegensätze - nebeneinander im Heft stehen. Ich denke diese Spannung muss man als Autoren aushalten können, und dem Leser "zumuten". Nur so kommen die verschiedenen Flügel und Strömungen im Mennonitentum mit einander ins Gespräch und entwickeln sich weiter.
Da (mir) nicht ganz klar ist, an den das Arbeitsheft adressiert ist, ich aber davon ausgehe dass es keine studierten Theologen sind, würde ich anregen noch ein Glossar einzufügen. Begriffe wie "eschatologische Perspektive" werden höchstwahrscheinlich sonst nicht verstanden.
Wenn die Autoren ihr Werk für reif genug halten, schlage ich vor, sie sollten das Heft auf alle Fälle mit ISBN versehen und über den Buchhandel und Amazon anbieten. Denn ein Aspekt warauch der missionarische Auftrag, dem sich die Autoren offensichtlich verpflichtet fühlen. Daher sollte das Heft einer breiten Leserschaft zugänglich gemacht werden!
Hier zu noch eine Anmerkung zur Medialen-Form: In dem Heft werden immer wieder Links empfohlen. Hier wäre es eine große Hilfe für den Leser eine begleitende Website einzurichten, über die der Leser bequem die Link-Listen zu den einzelnen Kapiteln finden kann, und ergänzendes Material, das wegen seines Umfangs nicht im Heft abgedruckt werden konnte. Ich denke da z.B. an den Verweis auf Seite 50 auf das 20 seitige Dokument "Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens". Und es sollte darüber nachgedacht werden, ob die Weiterentwicklung nicht öffentlich auf dieser Website geschehen sollte. Das würde den Austausch mit und unter den Autoren fördern und die gemeinsame Arbeit an Texten vereinfachen. Das dass funktionieren kann, hat das Volxbibel-Projekt gezeigt!
Hierzu müsste und sollte man noch mal überlegen unter welcher Lizenz man das Projekt stellt. Hier zu kann man sich bestimmt auch Anregungen von den Volxbibel-Projekt holen. In dem Heft habe ich gesehen, das schon ein Bild verwendet wurde, was unter der Creativ Commons Lizenz steht (Seite 35). Leider wurde - vermutlich aus Unwissenheit - das Bild nicht Lizenz-Komfort verwendet. Es hätte erwähnt werden müssen, welche Rechte dem Leser/Benutzer eingeräumt werden, und der Lizenztext abgedruckt werden müssen. Oder es hätte zumindest eine Quelle genannt werden müssen, wo der Lizenz-Text zu finden ist.
Hinweis
Meine bisherigen Kommentare zum Heft sind hier zu finden:
Das besprochene Heft selbst gibt es als PDF zu herunterladen: Download.
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