Über meine Streitkultur [update 23.9.08]
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Erstveröffentlichung: Sa, 20/09/2008 - 10:40
Es gibt immer wieder Irritationen über meinen streitbaren Geist. Immer wieder heißt es: „Quäker sollten friedlich sein, aber du hast oft einen ziemlich scharfen Ton in deinen Beiträgen.“ Dazu möchte ich jetzt einmal Stellung nehmen.
Ich glaube, dass Gott hier auf Erden sein Königreich mit uns errichten will. Das ist typisch quäkerisches Denken (vgl. „Über das Reich Gottes“, Ludwig Seebohm, 1794, http://www.the-independent-friend.de/?q=node/120). In meiner Vorstellung haben Kriege im Reich Gottes keinen Platz. Und so sage ich: Für mich sind Christen, die Menschen im Waffenrock taufen, entweder Heuchler, Gotteslästerer oder einfach Verrückte. Quäker waren an keinem Krieg beteiligt. Quäker haben nie Andersgläubigen die Zungen herausgeschnitten, sie gepfählt, verbrannt oder auf andere bestialische Weisen gefoltert und getötet. Die Ruhe und Friedfertigkeit, die andere anscheinend gern von mir und anderen Quäkern einfordern, ist eine Friedhofsruhe. Es gibt viele Beispiele von Biographien, in denen Quäker los zogen und ohne Ansehen der Person den Mächtigen ins Gesicht sagten, was sie dachten, und das ohne Umschweife und Höflichkeitsfloskeln und ohne den Hut zu ziehen.
Wenn also die „wiedergeborenen Christen“ wieder mal von anderen Christen sprechen und sie als „Namenschristen“ bezeichnen, weil sie sich keiner Glaubenstaufe mit Wasser unterzogen haben, dann erinnere ich an Matthäus 7,21: „Nicht jeder, der zu mir sagt: «Herr, Herr», wird in das Himmelreich eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut.“ In vielen Versammlungen der Quäker werden bis heute noch Mitglieder ausgeschlossen, die einen Waffenrock anziehen oder sich an gewaltsamen Auseinandersetzungen beteiligen, egal ob als Berufssoldaten oder als Wehrdienstleistende.
Ich mache mir lieber die Menschen zu Feinden als Gott. Jesus hat sich nicht gescheut, Missstände anzuprangern. Das was Jesus vertrat, war „sozialer Sprengstoff“ pur. Es gibt einfach Dinge, da kann ich die Füße nicht still halten. Dazu gehört militärische und gewaltsame Auseinandersetzung, Ungleichbehandlung, Lügerei und selbstvergessene Verschwendung. Und bei diesen Themen kann ich dann auch schon mal „deutlicher“ werden.
Was glaubt ihr, warum Quäker verfolgt wurden und in Gefängnissen saßen? Weil sie irgendwo still auf der letzten Bank saßen und leise Rosenkränze gebetet haben? Als es um die Sklavenbefreiung ging, sind richtig die Fetzen geflogen, selbst unter Quäkern, Es blieb nicht nur bei Worten, sondern wurde aktiv organisierte Fluchthilfe geleistet. Das heißt: Quäker stahlen Plantagenbesitzern ihr „Eigentum“, denn das waren die Sklaven dem Gesetz nach. Quäker organisierten Waren-Boykotts und nahmen in Kauf, damit Händler zu ruinieren, die mit Waren aus dem Sklavenhandel ihr Geld machten. Und natürlich begleiteten sie ihre Aktionen mit Flugblättern, Ansprachen und Briefen, in denen sie nicht mit Kritik sparten.
Mir scheint, dass noch viele die Quäker mit dem Teil der Mennoniten verwechseln, die ebenfalls den Wehrdienst verweigern, aber zurückgezogen in ihren Gemeinschaften leben, zum Teil in Gütergemeinschaft wie z. B. die Amischen.
Um mit vielen Mythen und Missverständnissen um die Quäker aufzuräumen, habe ich schon vor einiger Zeit begonnen eine Einführung zu schreiben. Es wird noch einige Zeit dauern bis das fertig ist, aber einige Sachen sind dort schon zu finden: http://www.the-independent-friend.de/?q=node/173
[update 23.9.08]
Der obige Text wurde von Wilhelm Prasse auf Rechtschreibfehler geprüft und korrigiert. Herzlichen Dank.
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