Das Quaker-Paradoxon
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Heute hatte ich absolut kein Bock auf Quaker-Andacht (Meeting for worship). Ich lag im Bett und dachte: “ja, jetzt aufstehen und ins Meeting schleppen ist wahres Suffering!” “Suffering” ist ein stehender Begriff im Quakertum und meint sinngemäß: “um der Gerechtigkeit willen Leiden”. Also diese Geschichte mit der Wange aus der Bergpredigt, die man hinhalten soll, wenn man schon zuvor auf die andere geschlagen wurde (Mt 5,38). Dieses Konzept ist so fundamental im Quakertum verankert, das es sogar ein “Meeting for Sufferings” gibt. Sinn dieses Meetings ist nicht sich gegenseitig Leid zu zu fügen (könnte man ja denken), sondern Quaker zu unterstützen, die wegen ihres Glaubens und Überzeugung Leid zu gefügt wird.
So und heute Früh dachte ich: Okay, wenn du heute ins Meeting gehst, dann um dein Kreuz auf dich zu nehmen und wahrlich nicht zum Spaß. Aber wenn ich sagen würde ich hätte heute Lust zum Meeting zu gehen, würde ich nicht liegen bleiben. Das ist Paradoxon! Es kann für ein Quaker kein Grund (außer körperliches Gebrechen und Tod) geben, nicht zum Meeting zu gehen. Entweder hat man Spaß oder man leide um Gottes Willen und der Sache wegen. Nach der Logik müssten Quaker-Meetings eigendlich brechend voll sein.
Ein ähnliches Problem wird übrigens in dem Film Catch-22 beschrieben. Dort versucht der Bomberpilot Captain John Yossarian als geisteskrank ausgemustert zu werden. Was ihm nicht gelinkt, weil der Wunsch, sein Leben durch Drücken vor dem Kriegsdienst zu retten, ein Beweis dafür ist, das man nicht Verrückt ist.
Nun, im Quakertum gäbe es noch ein dritten Weg und Ausweg. Den, das man sich berufen fühlt, etwas anderes zu tun, als zur Andacht zu gehen. Etwas noch viel wichtigeres. Zweifellos Irgend etwas, was möglichst mit noch mehr Leiden und Opfer verbunden ist und nicht im entferntesten mit Spaß zu tun haben darf. Damit hätte man dann ein Quaker-Paradoxon zweiter Ordnung. Ganz große Klasse!
Sicherheitshinweis:
Dieser Artikel ist ironisch gemein. Quäker beschäftigen sich nicht nur pausenlos mit Leiden, sonder wissen durch aus auch ein Eis bei 35°C im Schatten zu schätzen.
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