Ehe, Sex und Quakertum...
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Kürzlich wurde ich gefragt, wie ich denn als konservativer Quaker zum Thema Ehe stehen würde. Und wie ich denn meine Beziehung ohne Trauschein mit mein Gewissen vereinbaren könne. Denn zu Fox und Penns Zeiten hätte es das ja nicht gegeben
Ja, absolut richtig. Mit der Form der Beziehung die ich jetzt führe, wäre ich in ernsthafte Schwierigkeiten geraten bei den Quakern im 17. Jahrhundert. Das gleiche hätte für meine CD-Sammlung gegolten, meine gelegentlichen Kino-Besuche, für das Siezen der Kunden in meiner Arbeit und einiges mehr. Gut beschränken wir uns für Heute auf die Frage mit der Beziehung ohne Trauschein. Ein Reizthema auch oder gerade bei evangelikalen Christen, die ja auch vehement gegen Sex vor der Ehe sind.
Also zu erst ein Blick in die Bibel. Da fällt schon mal auf, das sich die Vorstellung von Ehe in laufe der Zeit gewandelt hat. Da ist z.B. Jakob. Der wahr bekanntlich mit zwei Frauen verheiratet. Oder Abrahams; der hatte eine Beziehung zu seiner Sklavin Sara mit der er das Kind Ismael Zeugte. Oder die Geschichte mit Lot der seine beiden Töchter schwängerte. Lustig ist auch die Geschichte mit Juda, der seine Schwiegertochter fälschlich für eine Prostituierte hält und mit ihr in die Kiste springt. Mal abgesehen davon das es seine Schwiegertochter war, ist nicht zu erkennen, das Prostitution ein Problem gewesen wäre. In den Sprüchen und den Psalmen gibt es Warnungen (an Männer) die Finger von “gewissen” Frauen zu lassen. So z.b. in Sprüche 5. Wo bei ich den Eindruck habe, das hier in erster Linie vor der Ehe mit einer “Ausländerin” gewarnt wird. Vermutlich ist “Ausländerin” hier gleichbedeutend mit “Andersgläubig”. Also ein glasklares Bild von “korrekter Beziehung” eröffnet sich mir darin nicht. Der Blick in die vier Evangelien bring auch nicht viel erhellendes, wenn die da zum Beispiel die Geschichten in Mt 19,9 + 18 oder Mt 22,30 denke. Von daher teile ich grundsätzlich nicht die dogmatische Haltung evangelikaler Christen, die fest daran glauben, es sei ein Gebot der Bibel, nur mit einer Frau (bzw. Mann) des anderen Geschlechts verheiratet zu sein. Und das es Sünde sei, vor der Ehe Sex zu haben, sich nicht trennen zu dürfen und ein Eheloses Leben nicht zu befürworten sei.
Ich denke für eine Beziehung oder Ehe gelten die Regeln, die einem der gesunde Menschenverstand schon eingibt. Und hier vertrete ich die Meinung, die nicht weiter überraschen wird, weil die Meisten (laut gängiger Umfragen) die gleichen Wünsche an eine Beziehung haben: Ich denke Ehrlichkeit, Verbindlichkeit und Kompromissbereitschaft sind die wichtigsten Merkmale einer Fairen Beziehung. Die Forderung das junge Menschen vor der Ehe keinen Sex haben dürfen ist völlig unrealistisch. Ja, sogar gefährlich! Da wir ein Thema tabuisiert mit, bei dem es nicht selten um Leben und Tod geht. Angefangen von AIDS bis hin zum Selbstmord wegen Lebenskrisen. Ich glaube nicht das die Frage nach dem “richtigen Sex” (was immer das sein mag) “heilsrelevant” ist. Sonst hätte Jesus ja auf die Frage “Lehrer, was muss ich tun, um das ewige Leben zu bekommen?” (Lukas 10,25) geantwortet: “Liebe den Herrn, deinen Gott, von ganzem Herzen, mit ganzem Willen und mit aller deiner Kraft und deinem ganzen Verstand! Und: Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst! Und: Habe keinen Sex vor der Ehe!”. Das war aber nicht seine Aussage. Ich denke es gibt Dinge, die tut man einfach nicht. Und natürlich tue ich sie erst recht nicht mit dem Menschen, mit dem ich am engsten zusammen lebe, und der mir sehr viel bedeutet. Ich belüge und hintergehe ihn nicht! Das bedeutet für mich das ich monogam lebe. Und ich fange auch nichts mit jemanden an, der in einer Beziehung lebt.
All das hat aber nichts mit einem Trauschein zu tun. Ich würde auch nicht aus steuerlichen Gründen eine Ehe mit Trauschein führen. Ich würde mal sagen den Staat geht das mal gar nichts an. Zurück zu den Frühen Freunden: Die hatten in Deutschland ein echtes Problem. Die mussten ein Partner der eigenen Glaubensgemeinschaft heiraten. Nur davon gab es nicht sehr viele. Der formal richtige Weg wäre gewesen, erst aus der Quakergemeinschaft aus zu treten; um dann zu heiraten (sagen wir mal einen Mennonit oder Mennonitin); Um dann wieder zum Quakertum zu konvertieren. Die Frau (oder der Mann) mussten nicht mitkonvertieren um aufgenommen zu werden. Also so ähnlich wie bei dem verheirateten evangelischen Pfarrer der zum Katholizismus konvertiert und Priester wird. der brauch auch nicht seine Frau vor die Tür setzen. Gut, wenn er in einer homosexuellen Beziehung lebt, hat er ein Problem. Übertragen auf das Quakertum hieße das: Ich trete aus der Quakergemeindin aus, gehe eine (Eheähnliche-)Beziehung mit einer Atheistin ein, die sich weigert mich formal zu heiraten. Dann konvertiere ich zurück zum Quakertum - und gut ist. So, wie nie gefordert wurde sich von seinem andersgläubigen Partner zu trennen, den man mit einem nicht quakerischen Ritus geheiratet hat, so wird man es bei einer “Mischehe” mit einem Atheisten auch nicht können.
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